Wie gut kennen sich die Deutschen mit Geld aus? Nicht gut genug.
Studien zeigen immer wieder, dass viele Menschen Probleme mit grundlegenden Finanzthemen haben – sei es bei Sparstrategien, Investitionen oder Altersvorsorge. Gleichzeitig steigt der Bedarf an finanzieller Bildung, denn ohne das richtige Wissen wird es immer schwieriger, Vermögen aufzubauen und finanzielle Sicherheit zu erreichen.
Welche Lücken gibt es in der Finanzbildung? Wie steht Deutschland im internationalen Vergleich da? Und was hat sich in den letzten Jahren verändert?
Was ist Finanzbildung?
Finanzbildung bedeutet, die eigenen Finanzen im Griff zu haben und kluge Entscheidungen mit Geld zu treffen.
Es geht darum zu verstehen, wie man spart, investiert, Schulden vermeidet und langfristig Vermögen aufbaut. Kurz gesagt: Wer finanzielle Bildung hat, lässt sich nicht von komplizierten Finanzprodukten, Banken oder Inflation überraschen, sondern weiß genau, wie man sein Geld sinnvoll einsetzt.
Aber Finanzbildung bedeutet nicht nur, dass man den Unterschied zwischen einem Sparbuch und ETFs kennt. Es geht auch darum, finanzielle Risiken zu erkennen, unnötige Kosten zu vermeiden und für die Zukunft vorzusorgen. Viele Menschen glauben, dass sie sich nicht mit Finanzen beschäftigen müssen – doch genau das führt dazu, dass sie später zu wenig Rente haben, hohe Schulden machen oder in teure Finanzfallen tappen.
Warum ist das wichtig? Weil finanzielle Unabhängigkeit nicht davon kommt, ein hohes Gehalt zu haben, sondern zu wissen, wie man sein Geld richtig verwaltet. Ob Haushaltsbudget, Altersvorsorge oder Investitionen – wer die Grundlagen versteht, kann selbstbestimmt finanzielle Entscheidungen treffen und langfristig entspannter leben.
Finanzbildung in Deutschland: Aktuelle Statistiken und Entwicklungen
Finanzbildung ist in Deutschland ein Thema, das immer mehr Aufmerksamkeit bekommt – und das aus gutem Grund. Während die Deutschen im internationalen Vergleich gar nicht so schlecht abschneiden, gibt es gravierende Lücken bei bestimmten Bevölkerungsgruppen.
Besonders Frauen, junge Erwachsene, Menschen mit geringem Einkommen und Zugewanderte haben oft Defizite im Finanzwissen, was sich direkt auf ihre finanziellen Entscheidungen und ihre langfristige Sicherheit auswirkt. Gleichzeitig steigt das Interesse an Finanzthemen, insbesondere durch die wachsende Bedeutung von ETFs, Aktien und digitalen Anlageformen.
Doch wie steht es wirklich um die Finanzbildung in Deutschland?
Wer hat in Deutschland Finanzwissen – und wer nicht?
Laut aktuellen Studien verfügt die deutsche Bevölkerung überdurchschnittliche Finanzkompetenz im globalen Vergleich. Aber: Nur 6 % der Deutschen erreichen tatsächlich ein solides Finanzwissen. Das bedeutet, dass der Großteil der Bevölkerung nur grundlegende oder sogar lückenhafte Kenntnisse über Finanzen hat. Besonders auffällig sind die Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen:
1. Frauen vs. Männer: Große Wissenslücke
- Nur 3 % der Frauen verfügen über fundiertes Finanzwissen – bei Männern sind es immerhin 8 %.
- 42 % der Frauen unter 30 haben keine Altersvorsorge, bei Männern sind es nur 28 %.
- Ein Hauptgrund: Frauen legen oft sicherheitsorientierter an, meiden Aktien und investieren weniger in den Kapitalmarkt.
- Außerdem nehmen Frauen häufiger Karriereunterbrechungen (78 % der Elternzeitnehmer sind weiblich), was sich langfristig negativ auf ihre finanzielle Unabhängigkeit auswirkt.
2. Einkommensabhängigkeit: Wer wenig verdient, weiß weniger über Geld
- 8 % der Erwachsenen in Deutschland sind überschuldet – unter Haushalten mit weniger als 1.500 € Nettoeinkommen liegt die Quote bei 23 %.
- Nur 11 % der Zugewanderten können Zinseszinsberechnungen korrekt durchführen – in der Gesamtbevölkerung sind es 34 %.
- Menschen mit geringer Bildung haben deutlich schlechtere digitale Finanzkompetenzen (nur 18 %), während Akademiker bei 75 % liegen.
3. Junge Menschen: Mehr Interesse, aber kaum Wissen
- 37 % der unter 25-Jährigen diskutieren Finanzthemen aktiv mit Freunden – das ist mehr als in jeder anderen Altersgruppe.
- Trotzdem haben 33 % in den letzten drei Monaten nichts gespart.
- 40 % der 18- bis 35-Jährigen haben bereits Aktien oder ETFs, aber 38 % glauben immer noch, dass Aktien „Zockerei“ sind.
Fehlende Finanzbildung in Schulen und Weiterbildung
Das größte Problem: Finanzbildung ist in Deutschland kein fester Bestandteil des Schulsystems.
- 93 % der Eltern fordern, dass Finanzthemen in den Lehrplan aufgenommen werden.
- Trotzdem bieten nur 12 % der Schulen verpflichtende Wirtschaftskurse an.
- Und wenn es sie gibt, sind sie oft viel zu theoretisch, ohne praktische Anwendungen.
Auch in der Erwachsenenbildung sieht es nicht besser aus:
- Nur 14 % der Menschen mit niedrigem Bildungsstatus nehmen an Finanzkursen teil.
- Über 50 % der Initiativen zur Finanzbildung werden von zivilgesellschaftlichen Organisationen getragen – der Staat investiert kaum.
- 73 % der Programme haben keine wissenschaftliche Evaluation, sodass niemand genau weiß, ob sie überhaupt etwas bringen.
Wie investieren die Deutschen?
Ein Blick auf das Anlageverhalten zeigt, dass die deutsche Aktienkultur langsam wächst, aber immer noch viele Menschen Angst vor Investitionen haben.
- 12,3 Millionen Menschen besitzen Aktien oder ETFs – das ist ein historischer Höchststand.
- Besonders die Unter-30-Jährigen haben ihre Depots stark ausgebaut (+210 % Depoteröffnungen in den letzten Jahren).
- Aber: 2023 gab es erstmals eine Stagnation – die Zahl der Aktiensparer sank um 4,2 %.
Woran liegt das?
- 52 % der Deutschen schließen Anlagerisiken kategorisch aus.
- Immobilien (47 %) und Gold (41 %) sind beliebter als Aktien – obwohl sie langfristig schlechtere Renditen bringen.
- Psychologische Faktoren spielen eine große Rolle: Studien zeigen, dass Verluste doppelt so stark wahrgenommen werden wie Gewinne, weshalb viele Menschen den Kapitalmarkt meiden.
Digitale Finanzbildung: Fluch oder Segen?
Die Digitalisierung verändert, wie Menschen mit Geld umgehen – aber nicht immer zum Besseren.
- 87 % der Deutschen nutzen Online-Banking, aber nur 29 % verstehen wirklich, wie digitale Finanzsysteme funktionieren.
- 44 % der 18- bis 30-Jährigen investieren in Kryptowährungen, aber nur 12 % verstehen Blockchain-Technologie.
- Robo-Advisor und KI-gestützte Anlageplattformen werden nur von 14 % der Anleger genutzt – besonders Ältere misstrauen Algorithmen.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) warnt vor steigenden Betrugsrisiken durch mangelndes Wissen über Krypto-Scams und digitale Finanzprodukte.
Wie kann Finanzbildung verbessert werden?
Die OECD hat Deutschland klare Handlungsempfehlungen gegeben. Hier sind einige zentrale Punkte, die derzeit politisch diskutiert werden:
- Schulen sollen Finanzbildung fest im Lehrplan verankern – und zwar nicht nur theoretisch, sondern mit echten Praxisübungen.
- Steuerliche Anreize für Kleinanleger unter 10.000 €, um mehr Menschen an den Kapitalmarkt zu bringen.
- Mehr Schuldnerberatungsstellen mit Frühwarnsystemen für überschuldete Haushalte.
- Zertifizierung für digitale Finanzbildung, damit Verbraucher seriöse FinTech-Angebote erkennen.
- Bessere Aufklärung über nachhaltige Investments, um Fehlinformationen zu vermeiden.
Bis 2026 soll eine zentrale Finanzbildungsplattform („mitgeldundverstand.de“) aufgebaut werden, die über 500 qualitätsgeprüfte Bildungsangebote bündelt und individuell zugeschnittene Empfehlungen gibt.
Ein weiteres Modellprojekt ist der „Hessenmonitor“, bei dem 2.000 Menschen jährlich zu ihrem Finanzverhalten befragt werden. Basierend auf den Ergebnissen gibt es:
- Pflicht-Workshops für Azubis zu Finanzthemen in über 120 Betrieben.
- Lernmaterialien für Eltern, um Finanzwissen in der Familie zu vermitteln.
- Digital-Coachings für Senioren, um sie besser auf Online-Banking vorzubereiten.
Welche Maßnahmen und Initiativen zur Förderung der Finanzkompetenz in Deutschland gibt es?
Die Finanzkompetenz der Bevölkerung hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Immer mehr Menschen merken, dass solides Finanzwissen unerlässlich ist, um sich vor Schuldenfallen, schlechter Altersvorsorge oder fehlenden Anlagestrategien zu schützen. Doch Studien zeigen, dass gerade in Deutschland noch erheblicher Nachholbedarf besteht – insbesondere in Schulen, unter Geringverdienern und bei Frauen.
Deshalb setzt die Bundesregierung inzwischen verstärkt auf verschiedene Maßnahmen, um die finanzielle Bildung gezielt zu fördern.
Nationale Finanzbildungsstrategie: Das Kernstück der Reform
Eine der zentralen Initiativen ist die nationale Finanzbildungsstrategie, die seit 2023 unter Federführung des Bundesfinanzministeriums (BMF) und des Bundesbildungsministeriums (BMBF) ausgearbeitet wird. Bis 2026 soll ein umfassendes Konzept entstehen, das alle Bevölkerungsgruppen erreicht und Finanzbildung strukturell verbessert.
Die Strategie orientiert sich an den Empfehlungen der OECD und setzt auf fünf Kernbereiche:
- Langfristige Altersvorsorge
- Einführung von Finanzmodulen in Berufsschulen und betriebliche Weiterbildungen.
- Frühzeitige Aufklärung über Rentenlücken und private Altersvorsorge.
- Kapitalmarktbeteiligung
- Steuerliche Anreize für Kleinanleger, die weniger als 10.000 € investieren.
- Vereinfachte Prozesse für Depoteröffnungen und Wertpapierhandel.
- Responsible Credit – Schutz vor Überschuldung
- Ausbau der Schuldnerberatungsstellen und Einführung von Frühwarnsystemen.
- Präventive Finanzkurse für Haushalte mit geringem Einkommen.
- Digitale Finanzkompetenz
- Einführung eines Gütesiegels für FinTech-Apps, um sichere Anwendungen zu zertifizieren.
- Schulungen für sicheres Online-Banking und den Umgang mit digitalen Bezahlsystemen.
- Nachhaltige Investments
- Standardisierte ESG-Bewertungen für Fonds und ETFs.
- Aufklärung über grüne Finanzprodukte und ethische Geldanlagen.
Ein großer Bestandteil der Umsetzung ist die neue Finanzbildungsplattform "mitgeldundverstand.de", die bis 2026 über 500 geprüfte Lernangebote bündeln soll. Die Idee: Ein Algorithmus schlägt Nutzern individuell passende Kurse vor, damit jeder – vom Schüler bis zum Rentner – das richtige Finanzwissen erhält.
Finanzbildung in Schulen: Lang ersehnte Reformen
Finanzwissen wird in deutschen Schulen bisher nur sporadisch vermittelt – und das trotz der Tatsache, dass 93 % der Eltern verbindliche Finanzbildung im Lehrplan fordern. Nur 12 % der Schulen bieten verpflichtenden Wirtschaftsunterricht an, und oft bleiben die Inhalte zu theoretisch.
Ab 2025 werden in einigen Bundesländern Pflichtmodule eingeführt, die sich mit Alltagsfinanzen und Geldmanagement befassen. Dazu gehören:
- Grundlagen von Verträgen (Handyverträge, Miete, Versicherungen).
- Zinseszins, Inflation und Kredite verständlich erklärt.
- Kapitalmarkt und Aktienhandel – wie man sicher investiert, statt zu spekulieren.
- Budgetplanung mit digitalen Tools – zum Beispiel die "Seasn-App" der Goethe-Universität, die Sparszenarien simuliert.
Einige Pilotprojekte in Hessen und Baden-Württemberg setzen bereits auf gamifizierte Lernmethoden, um komplexe Finanzthemen greifbarer zu machen.
Finanzbildung für Erwachsene: Zielgerichtete Programme für verschiedene Gruppen
Während für Schüler neue Ansätze entwickelt werden, gibt es für Erwachsene bereits verschiedene Bildungsprogramme. Besonders im Fokus stehen Gruppen, die bislang wenig Zugang zu Finanzwissen hatten:
- Azubi-Finanzcoaching
- Finanzworkshops in 120 Betrieben.
- Themen: Steuern, Altersvorsorge und Schuldenprävention.
- Senioren-Digitalbuddy
- Studierende helfen Rentnern beim sicheren Online-Banking.
- Workshops zur Nutzung von Robo-Advisorn und digitalen Anlageplattformen.
- Mehrsprachige Finanzbildung für Migranten
- Info-Kampagnen zu deutschen Bank- und Versicherungssystemen.
- 15 Mio. € Förderung für mehrsprachige Online-Kurse und Beratung.
Laut aktuellen Daten nutzen nur 18 % der Menschen mit geringer Bildung digitale Finanztools, während es bei Akademikern über 70 % sind. Deshalb sollen diese Programme helfen, finanzielle Inklusion zu verbessern.
FinTech, Krypto & Co: Förderung digitaler Finanzkompetenz
Mit der zunehmenden Digitalisierung verändern sich auch die Herausforderungen: 87 % der Deutschen nutzen inzwischen Online-Banking und mobile Bezahlmethoden, aber nur 29 % verstehen die Sicherheitsmechanismen dahinter.
Das Bundesfinanzministerium setzt deshalb auf folgende Maßnahmen:
- Einführung eines "FinTech-Gütesiegels" für sichere Banking- und Investment-Apps.
- Förderung von KI-gestützten Finanztools, die individuelle Sparstrategien empfehlen.
- Aufklärung über Kryptowährungen: Junge Erwachsene investieren zwar zunehmend in Bitcoin & Co, doch nur 12 % verstehen die dahinterliegende Blockchain-Technologie.
Eine Initiative ist die Einführung des "FinanzcheckBot" – ein KI-Tool, das maßgeschneiderte Lerninhalte bereitstellt. Erste Tests zeigen, dass Nutzer damit ihre Sparquote um 12 % erhöhen konnten.
Steuerliche Anreize & finanzielle Förderung
Um Finanzbildung attraktiver zu machen, setzt die Regierung auch auf fiskalpolitische Anreize:
- Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags von 1.000 € auf 1.500 €.
- Steuerliche Absetzbarkeit von Weiterbildungskosten (z. B. Finanzkurse).
- Förderung von nachhaltigen Investments: ESG-Fonds sind bis 2028 von der Vorabpauschale befreit.
Zusätzlich gibt es staatliche Subventionen für Unternehmen, die Mitarbeiterschulungen zu Finanzthemen anbieten.
Herausforderungen und offene Fragen
Trotz aller Fortschritte gibt es immer noch große Baustellen:
- Finanzbildung bleibt oft zu theoretisch – praktische Anwendungsfälle fehlen.
- Die Programme erreichen nicht alle Menschen, insbesondere in strukturschwachen Regionen.
- Die Finanzkompetenz wächst langsam – 2024 waren nur 6 % der Deutschen wirklich finanzgebildet.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Lösung ist das Modellprojekt "Hessenmonitor", das jährlich 2.000 Menschen zu ihrem Finanzverhalten befragt und gezielt Bildungsmaßnahmen entwickelt. Die neuesten Daten zeigen:
- 40 % der 18-35-Jährigen nutzen Robo-Advisor, aber nur 12 % verstehen deren Algorithmen.
- 68 % der Frauen trauen sich keine komplexen Finanzentscheidungen zu – bei Männern sind es nur 34 %.
Diese Erkenntnisse helfen dabei, die nationalen Finanzbildungsprogramme weiter anzupassen.
Finanzbildung im internationalen Vergleich: Wie steht Deutschland im Vergleich mit dem Ausland da?
Deutschland liegt in Sachen Finanzbildung im internationalen Mittelfeld – besser als viele südeuropäische Länder, aber deutlich hinter den Spitzenreitern Niederlande, Schweden und Dänemark. Während 24 % der Deutschen über ein hohes Finanzwissen verfügen, erreichen die Niederlande 31 %, Schweden 29 % und Dänemark 28 %.
Besonders auffällig sind geschlechtsspezifische und sozioökonomische Unterschiede, die in Deutschland stärker ausgeprägt sind als in vielen anderen Ländern. Während die nationale Finanzbildungsstrategie bis 2026 Verbesserungen bringen soll, gibt es noch erheblichen Nachholbedarf – besonders in Schulen, bei digitaler Finanzkompetenz und in der Kapitalmarktbeteiligung.
Internationale Rankings und Deutschlands Position
OECD-Finanzbildungsindex 2024
Laut der OECD-Studie 2024 erreichen deutsche Erwachsene 76 von 100 Punkten bei der Finanzkompetenz – über dem globalen Median (68 Punkte), aber hinter skandinavischen Ländern wie Norwegen (84 Punkte).
Deutschland schneidet dabei in zwei Bereichen gut ab:
- Finanzverhalten: 33 von 45 Punkten (EU-Durchschnitt: 30/45)
- Einstellungen zu Finanzthemen: 13 von 20 Punkten (EU-Durchschnitt: 11/20)
Allerdings zeigen sich Schwächen in der Kapitalmarktbeteiligung: Nur 53 % der Deutschen verstehen das Prinzip der Risikostreuung, in Dänemark sind es 72 %.
EU-Finanzkompetenzindex 2023
Im europaweiten Ranking der Europäischen Kommission belegt Deutschland Platz 7. Die Niederlande (Platz 1), Schweden und Dänemark führen das Ranking an, während Südeuropa deutlich schlechter abschneidet (Italien: 15 %, Spanien: 17 % mit hoher Finanzkompetenz).
Deutschland hat vor allem zwei große Probleme:
- Geschlechterunterschiede:
- Frauen erreichen 69 Punkte in der Finanzkompetenz, Männer 83 Punkte.
- 68 % der Frauen trauen sich keine komplexen Anlageentscheidungen zu, bei Männern sind es nur 34 %.
- In Schweden liegt der Unterschied bei nur 8 Prozentpunkten, weil es dort spezielle Finanzbildungsprogramme für Frauen gibt.
- Sozioökonomische Unterschiede:
- Menschen mit niedrigem Einkommen (<1.500 € netto) erreichen 58 Punkte – das sind 18 Punkte weniger als wohlhabendere Gruppen.
- In den Niederlanden ist die Differenz nur halb so groß, weil dort Bildungsgutscheine und spezielle Kurse für Geringverdiener existieren.
Erfolgsmodelle aus anderen Ländern
Niederlande: Ganzheitliche Finanzbildung als Standard
Die Niederlande setzen seit 2008 auf eine nationale Finanzbildungsstrategie, die vier Kernbereiche umfasst:
- Pflichtfach „Finanzielle Selbstständigkeit“ ab Klasse 7
- Steuerliche Anreize für Unternehmen, die Mitarbeiterschulungen anbieten
- Online-Plattform „Wijzer in Geldzaken“ mit 200 geprüften Kursen
- Jährliche Studien zur Finanzkompetenz der Bevölkerung
Ergebnis:
- 82 % der Jugendlichen unter 25 Jahren haben Grundkenntnisse zur Altersvorsorge.
- In Deutschland sind es nur 37 %.
Schweden: Finanzbildung in die Arbeitsmarktpolitik integriert
Schweden kombiniert Finanzbildung mit Arbeitsmarktprogrammen:
- Finanzcoaching als Pflichtmodul in Arbeitslosenprogrammen
- Subventionierte Robo-Advisor für Geringverdiener
- Steuerliche Vorteile für Finanzweiterbildung
Ergebnis:
- Die Überschuldungsrate sank von 8,2 % (2015) auf 4,1 % (2024).
Australien: Finanzbildung für jede Lebensphase
Australien setzt auf zielgruppenspezifische Finanzbildung, die sich an wichtigen Lebensereignissen orientiert:
- Erste eigene Wohnung? Finanzielle Aufklärung für Erstkäufer.
- Scheidung? Finanzplanung für getrennte Haushalte.
- 50 Jahre alt? „Pension Readiness Check“ für eine bessere Altersvorsorge.
Ergebnis:
- 92 % der Teilnehmer geben an, dass die Maßnahmen ihre Finanzentscheidungen positiv beeinflusst haben.
Deutschlands Nachholbedarf und geplante Maßnahmen
Die nationale Finanzbildungsstrategie 2026
Basierend auf OECD-Empfehlungen hat Deutschland eine Finanzbildungsstrategie mit fünf Säulen entwickelt:
- Pflichtmodule für Schulen: Finanzbildung ab Klasse 5.
- Mehrsprachige Programme für Migranten: Bankensystem & Verträge.
- Coaching für Frauen in Teilzeit: Rentenlücke schließen.
- „Finanzbildungs-TÜV“: Geprüfte Anbieter und Programme.
- Digitale Lernplattform mit personalisierten Inhalten.
Hessisches Modellprojekt als Vorbild
Das „Hessenmonitor“-Projekt führt jährlich eine große Finanzumfrage durch. Erste Erfolge:
- „FinanceHero“-Schulwettbewerb mit Gamification-Ansätzen.
- Azubi-Finanzcoaching in 120 Betrieben.
- Studenten helfen Senioren beim Online-Banking („Digitalbuddy“).
Fazit: Deutschland muss handeln – sonst wächst die finanzielle Ungleichheit
Finanzbildung ist mehr als nur ein „Nice-to-have“ – sie entscheidet darüber, ob Menschen ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können oder in Schulden, schlechter Altersvorsorge und finanzieller Abhängigkeit landen. Die aktuellen Statistiken zeigen: Deutschland hat gute Ansätze, aber gravierende Lücken – vor allem bei Frauen, jungen Erwachsenen und Menschen mit niedrigem Einkommen.
Ohne systematische Änderungen droht die finanzielle Kluft weiter auseinanderzugehen.
Die oberen 10 % der Einkommenspyramide haben heute schon ein achtmal höheres Finanzwissen als die unteren 10 %. Eine stärkere staatliche Förderung von Finanzbildung könnte daher nicht nur einzelne Menschen stärken, sondern langfristig die wirtschaftliche Stabilität des ganzen Landes verbessern.