Wer Erwerbsminderungsrente bekommt, ist oft nicht komplett raus aus dem Berufsleben – sei es wegen finanzieller Gründe, oder weil man sich einfach noch ein Stück Alltag, Struktur oder Selbstwertgefühl bewahren will.
Die gute Nachricht: Du darfst was dazuverdienen.
Die nicht ganz so einfache Nachricht: Es gibt Grenzen – und wer die überschreitet, dem wird die Rente gekürzt. Wie viel du 2025 genau verdienen darfst, was angerechnet wird und wie du clever planst, damit unterm Strich möglichst viel übrig bleibt – das schauen wir uns hier ganz konkret an.
Mit Beispielen, Zahlen und dem, was du sonst noch wissen musst.
Was bedeutet Hinzuverdienst bei der Erwerbsminderungsrente?
Wenn du eine Erwerbsminderungsrente bekommst, heißt das nicht zwangsläufig, dass du überhaupt nicht mehr arbeiten darfst.
Viele empfinden es als Missverständnis, dass mit der Rente automatisch ein komplettes Arbeitsverbot einhergeht. Tatsächlich erlaubt der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen einen sogenannten Hinzuverdienst – also zusätzliches Einkommen aus einer Beschäftigung neben der Rente.
Die rechtliche Grundlage dafür ist § 102 SGB VI. Dort ist genau geregelt, wie viel du zur Erwerbsminderungsrente hinzuverdienen darfst, ohne dass sie gekürzt wird. Das Ziel: Dir soll trotz gesundheitlicher Einschränkungen ein begrenzter Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit möglich sein – aber ohne, dass die Rente direkt entfällt.
Wenn du Erwerbsminderungsrente bekommst, musst du genau hinschauen, welche Einkünfte tatsächlich auf die Rente angerechnet werden. Denn nicht alles, was du verdienst oder erhältst, wirkt sich auf die Höhe deiner Rente aus – aber vieles eben doch. Entscheidend ist, ob es sich um anrechenbares Einkommen im Sinne des § 102 SGB VI handelt.
Als Hinzuverdienst zählen zum Beispiel:
- Löhne und Gehälter aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung (Vollzeit, Teilzeit, Minijob, Werkverträge)
- Honorare aus freiberuflicher oder selbstständiger Tätigkeit
- Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld
- Gewinne aus Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit
- Entgeltersatzleistungen, z. B. Krankengeld, Übergangsgeld (wenn sie mit Beschäftigung zusammenhängen)
Nicht als Hinzuverdienst gelten unter anderem:
- Pflegegeld für die Pflege eines Angehörigen
- Erbschaften oder Schenkungen
- Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (z. B. Witwenrente, eigene Altersrente)
- Mieteinnahmen oder Kapitalerträge – die fließen nur in die Steuerberechnung ein, nicht in die Rentenkürzung
- Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit, wenn sie pauschal vergütet werden (z. B. Übungsleiterpauschale)
Wichtig: Es zählt immer das Bruttoeinkommen, also vor Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Und: Auch wenn du in mehreren Minijobs arbeitest, wird alles zusammengerechnet.
Unser Tipp: Wenn du unsicher bist, ob bestimmte Einnahmen angerechnet werden, lohnt sich eine frühzeitige Rücksprache mit der Deutschen Rentenversicherung. Denn zu viel Hinzuverdienst kann nicht nur zu Kürzungen führen, sondern unter Umständen auch eine Rückforderung auslösen – und das kann teuer werden.
Hinzuverdienstgrenze bei der EM-Rente: Wie viel darfst du dazuverdienen?
Wenn du Erwerbsminderungsrente bekommst, heißt das nicht automatisch: Null Arbeit, null Einkommen. Du darfst durchaus noch etwas dazuverdienen – aber eben nur bis zu einer gesetzlich festgelegten Grenze. Überschreitest du diese Grenze, wird deine Rente anteilig gekürzt. Die Grundlage dafür ist § 102 SGB VI.
Die Hinzuverdienstgrenzen orientieren sich an der sogenannten „Bezugsgröße“ aus dem Sozialrecht – ein statistischer Wert, der jedes Jahr angepasst wird. Für 2025 liegt diese Bezugsgröße bei 44.940 € jährlich (also 3.745 € monatlich). Daraus ergeben sich folgende Grenzen:
- Bei voller Erwerbsminderung: Du darfst jährlich bis zu 19.661,25 € brutto verdienen. Das entspricht rund 1.638 € pro Monat.
- Bei teilweiser Erwerbsminderung: Die Grenze liegt bei 39.322,50 € brutto im Jahr, also etwa 3.277 € monatlich.
Alles, was über die jeweilige Grenze hinausgeht, wird zu 40 % von deiner Rente abgezogen. Diese Kürzung gilt auf Jahresbasis und wird dann auf die monatlichen Rentenzahlungen verteilt.
Wichtig zu wissen:
- Es zählt dein Brutto-Jahreseinkommen, nicht das monatliche.
- Es gilt eine Meldepflicht: Du musst der Rentenversicherung jede Änderung deiner Einkünfte innerhalb von 3 Monaten melden.
- Wenn du mehr als 6 Monate täglich über 3 Stunden arbeitest, kann dir die volle EM-Rente komplett entzogen werden – außer du nutzt gezielt die Arbeitserprobung nach § 102 Abs. 5 SGB VI.
Mit einer Erwerbsminderungsrente kannst du also durchaus noch etwas dazuverdienen – aber nur in einem klar begrenzten Rahmen. Wer regelmäßig darüber liegt, riskiert Abzüge oder sogar den Rentenanspruch. Deshalb lohnt es sich, seine Einkünfte genau zu planen und im Zweifel frühzeitig mit der Rentenversicherung zu sprechen.
Beispiele zum Hinzuverdienst bei der Erwerbsminderungsrente
Nach § 102 SGB VI liegt der Freibetrag bei voller Erwerbsminderung im Jahr 2025 bei 19.661,25 Euro brutto jährlich – das entspricht etwa 1.638 Euro pro Monat. Verdient man mehr, wird die Rente gekürzt – und zwar um 40 % des überschrittenen Betrags.
Damit du dir das besser vorstellen kannst, schauen wir uns drei verschiedene Menschen an – mit unterschiedlichen Verdiensten und Situationen.
👩 Sabine, 55 – Halbtagsjob mit durchschnittlichem Gehalt
Sabine bekommt eine volle Erwerbsminderungsrente in Höhe von 1.200 Euro brutto im Monat. Weil sie sich gesundheitlich wieder stabiler fühlt, nimmt sie einen Teilzeitjob mit 2.200 Euro brutto monatlich an – das sind 26.400 Euro im Jahr.
So sieht die Rechnung aus:
- Freibetrag 2025: 19.661,25 €
- Sabines Hinzuverdienst: 26.400 €
- Überschuss: 26.400 € – 19.661,25 € = 6.738,75 €
- Davon werden 40 % abgezogen: 6.738,75 € × 0,4 = 2.695,50 €
- Aufs Jahr gerechnet: Das entspricht einer monatlichen Rentenkürzung von 224,63 €
Sabines neue Rente beträgt also 975,37 Euro brutto statt 1.200 Euro. Abzüglich Kranken- und Pflegeversicherung (ca. 12–14 %) landet sie bei etwa 840 Euro netto.
Die Kürzung ist da – ja. Aber unterm Strich hat Sabine trotzdem deutlich mehr Geld zur Verfügung. Job + gekürzte Rente = solides Einkommen.
👨 Jens, 62 – Minijob neben der Rente
Jens bezieht die volle EM-Rente in Höhe von 1.200 Euro monatlich und arbeitet auf 520-Euro-Basis – ein klassischer Minijob.
Sein Jahresverdienst: 6.240 Euro → also deutlich unter dem Freibetrag.
Keine Kürzung der Rente. Jens erhält die volle EM-Rente ohne Abzüge.
Wer mit einem Mini- oder Midi-Job auf Nummer sicher gehen will, kann genau so etwas machen. Wichtig ist nur: Der Jahresverdienst muss unter 19.661,25 Euro bleiben – sonst wird’s teuer.
👩 Petra, 48 – selbstständig mit gutem Einkommen
Petra ist selbstständig und bezieht gleichzeitig eine EM-Rente in Höhe von 1.400 Euro monatlich brutto. Ihr Gewinn im Jahr: 30.000 Euro brutto.
Jetzt wird’s spannend – denn sie überschreitet den Freibetrag deutlich.
Die Zahlen:
- Überschreitung: 30.000 € – 19.661,25 € = 10.338,75 €
- Kürzung: 10.338,75 € × 0,4 = 4.135,50 €
- Monatliche Kürzung: 344,63 €
- Neue Rente brutto: 1.055,37 €
Nach Sozialabgaben liegt Petra dann bei ca. 910–930 Euro netto. Ihre Rente wird also ordentlich gekürzt – aber sie verdient auch gut dazu.
Wichtig für Selbstständige: Einkünfte müssen genau dokumentiert und gemeldet werden – sonst drohen Rückforderungen und Verzugszinsen.
Meldepflicht: Wann musst du deinen Hinzuverdienst bei der Erwerbsminderungsrente melden?
Wenn du Erwerbsminderungsrente bekommst und nebenher etwas dazuverdienst – ganz gleich ob im Job oder selbstständig –, bist du verpflichtet, das der Deutschen Rentenversicherung zu melden. Und zwar innerhalb von 3 Monaten, nachdem du deine Tätigkeit aufgenommen oder dein Einkommen verändert hast.
Klingt erstmal unkompliziert, aber es lohnt sich, genau hinzuschauen. Denn auch wenn du unter den gesetzlichen Freibeträgen bleibst, gilt: Meldepflicht besteht trotzdem.
Was bedeutet das konkret?
- Freibetrag bei voller EM-Rente (weniger als 3 Std. arbeitstauglich): 19.661,25 € brutto pro Jahr
- Freibetrag bei teilweiser EM-Rente (3–6 Std. Arbeit möglich): 39.322,50 € brutto pro Jahr
Sobald du einen Job annimmst oder Einkünfte erzielst (z. B. aus freiberuflicher Tätigkeit), musst du das melden – egal, ob du über oder unter diesen Grenzen liegst. Relevant sind dabei alle Arten von Hinzuverdienst, zum Beispiel:
- Gehalt aus Minijobs, Midijobs, Teilzeit oder Selbstständigkeit
- Kapitalerträge (wenn sie hoch genug sind)
- Einnahmen aus Nebentätigkeiten
Was nicht zählt: Pflegegeld, Erbschaften oder Zahlungen aus Behindertenwerkstätten.
Und wenn du die Meldepflicht ignorierst? Dann wird’s teuer: Die Rentenversicherung kann zu viel gezahlte Renten zurückfordern und Verzugszinsen (4 % jährlich) verlangen. Bei absichtlicher Täuschung kann das sogar strafrechtliche Folgen haben – Stichwort: Sozialbetrug (§ 263 StGB).
Tipp: Das Formular R0210 ist dein offizieller Weg, deinen Hinzuverdienst zu melden. Am besten gleich mit Lohnzettel oder Steuerbescheid einreichen, damit’s zügig bearbeitet wird.
Übrigens: Seit 2025 gibt’s für voll Erwerbsgeminderte eine neue Option namens „Arbeitserprobung“. Damit darfst du 6 Monate lang mehr als 3 Stunden täglich arbeiten, ohne dass dir die Rente sofort gestrichen wird. Danach wird geprüft, wie’s weitergeht – ideal also, um sich langsam zurück ins Arbeitsleben zu tasten.
Lieber zu früh als zu spät melden – selbst kleine Nebenverdienste können Folgen für deine Rente haben. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt sich vorher beraten – zum Beispiel direkt bei der Deutschen Rentenversicherung.