Wie werden Inflationsraten errechnet, was sagen sie aus?
Inflationsraten bilden die Steigerungen der Verbraucherpreise innerhalb eines Jahres ab, zur gleichen Periode im Vorjahr. Sie wird über den statistischen Warenkorb eines durchschnittlichen deutschen Haushalts gebildet, die Mengen bleiben immer fix, nur die Preise werden neu ermittelt. Den Preis dieses Warenkorbes nennt man Verbraucherpreisindex, und dessen Veränderung vs. Vorjahr ist die Inflationsrate. Diese lag lange Zeit stabil sehr niedrig, bei ca. 2%, was ungewöhnlich war. Bei Werten von über 5% spricht man von Inflation.
Warum sind hohe Inflationsraten negativ?
Eine Inflation ist die schwerste Form einer Wirtschaftskrise, weil sie gesamte Wirtschaft und Bevölkerung betrifft, nicht nur einzelne Branchen und Gruppen. Zusätzlich erhöhen die steigenden Preise nicht nur die aktuellen und zukünftigen Ausgaben, sie entwerten auch noch die gesamten Ersparnisse. So besteht die Gefahr einer Verarmung von großen Teilen der Bevölkerung, was zu ernsthaften sozialen und politischen Problemen führen kann. Deshalb ist es das oberste Ziel der EZB, die Inflationsrate niedrig zu halten.
Wie sollen die Zinserhöhungen der EZB die Inflation beenden?
Ihre einzige Möglichkeit ist ein indirekter Einfluss auf die Preise über die Erhöhung zu Zinsen. Dadurch sollen Menschen motiviert werden, weniger zu kaufen, weil sich das Sparen nun eher lohnt, und auf Investitionen und Käufe auf Kredit zu verzichten, weil diese für sie nun teurer werden. Diese geringere Nachfrage zwingt die Unternehmen, ihre Preise zu senken, damit sie ihre Produkte trotzdem absetzen können. Auf diese Weise werden dann auch die Inflationsraten sinken. Wenn die Preise bis auf das Niveau vor genau 1 Jahr zurückgingen, wäre die Inflationsrate Null, das geschieht aber selten. Auch weil die Inflationsrate den Durchschnitt der Preise für alle Ausgaben abbildet. Durch die hohen Zinsen werden auch Kredite für Unternehmen teurer, diese verzichten dann häufig auf Investitionen, so gehen auch dort die Preise und Nachfragen zurück. Wenn alle diese Nachfragen zu stark zurückgehen, entsteht eine Rezession, die Wirtschaft schrumpft, Unternehmen müssen Mitarbeiter entlassen, Gewinne schrumpfen. Aus Anlegersicht also keine gute Perspektive.
Worauf solltest Du beim Blick auf Unternehmen achten?
Unternehmen kommen unterschiedlich gut durch die Inflation. Etablierte Unternehmen mit guter Marktposition, profitablen Kostenstrukturen und stabiler finanzieller Substanz erweisen sich als sehr robust. Start-Ups und junge Unternehmen sind die Verlierer der Inflation, ihre Geschäftsmodelle sind nicht erprobt, die Marktbekanntheit ist gering, der Cash-Flow ist oft negativ.
Durch hohe Exportquoten konnten Unternehmen die Nachfragerückgänge in Europa gut abfedern, auch Produktionsstandorte im Ausland waren hilfreich. Technische Spezialisierung hat sich ausgezahlt, weil Kunden trotzdem kauften, auch zu höheren Preisen.
Große Probleme haben Unternehmen, die ihre Leistungen vor Ort erbringen müssen, wie Logistik, Medizin und Pflege, Gastronomie, Services, stationärer Handel, sie können den hohen Kosten nicht ausweichen. Große Verlierer der Inflation sind auch Produkte mit immateriellen Preisanteilen, Marken im Alltagsbereich und „ethischer“ Konsum, wie Bio. Hier fällt Verbrauchern der Wechsel auf preiswertere Varianten leicht, weil die Produkte ähnlich sind. Die Discounter mit ihren Handelsmarken sind die Gewinner der Inflation. Die Baubranche leidet enorm unter den gestiegenen Zinsen, aber auch kreditfinanzierter Konsum geht zurück. Unternehmen und Geschäftsmodelle sind also unterschiedlich inflationsresilient.
Ausblick – Inflation is here to stay.
Die Inflation geht nun zurück, doch sie ist „here to stay“. Eine so lange Phase niedriger Inflationsraten ist sehr unwahrscheinlich, Preise werden mittelfristig aus 4 Gründen steigen:
Demographie. Bei immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter bieten Unternehmen höhere Löhne, um Arbeitskräfte zu gewinnen, also steigen auch die Preise.
Dekarbonisierung. Nicht nur sind die Alternativen für fossile Rohstoffe häufig teurer, die Kosten für den gesamten Umbau der Infrastruktur müssen über die Preise weitergegeben werden.
De-Globalisierung: Die preiswerten Importe waren wesentlicher Grund für die jahrelang niedrigen Preise. In Deutschland oder Europa können Produkte nur deutlich teurer hergestellt werden, also zu höheren. Die Rückverlagerung von Produktion verschärft den Fachkräftemangel zusätzlich, treibt also die Löhne. Die neue Strategie des De-Risking, der Erhöhung der Unabhängigkeit von China, gehört ebenfalls dazu.
De-Hydration nenne ich den vierten Treiber. Durch zunehmende Trockenheit werden die Ernten an Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen ausfallen oder geringer werden, damit steigen dann die Preise.
Für Anleger bleibt Inflationsresilienz also weiter ein wichtiges Kriterium beim Blick auf Unternehmen. Privat gilt es, für ausreichende verfügbare Geldreserven sorgen und die fixen Kosten zu minimieren. Statt Abos und Flatrates lieber individuell zu höheren Preisen kaufen, dafür aber genug finanziellen Spielraum haben.