Wenn sich Eltern trennen oder scheiden lassen, ändert sich oft nicht nur das Familienleben, sondern auch die Frage: Wer bekommt eigentlich die Kindererziehungszeiten für die Rente angerechnet?
Genau das kann nämlich ordentlich Einfluss auf deine spätere Rente haben – und zwar langfristig. Der Staat erkennt deine Erziehungszeit zwar an, aber nur unter bestimmten Bedingungen – und es kommt auf die Details an. Gerade bei getrennten Eltern ist das Verfahren etwas komplizierter. Aber keine Sorge: Wenn man weiß, wie man es richtig angeht, ist auch das gut zu regeln.
Wer bekommt die Erziehungszeiten nach einer Scheidung?
Grundsätzlich gilt laut § 56 SGB VI: Die Kindererziehungszeit wird dem Elternteil angerechnet, der das Kind überwiegend betreut hat. Und das bedeutet im Klartext:
- Wenn das Kind nach der Trennung hauptsächlich bei dir lebt, bekommst auch du die Zeit gutgeschrieben.
- Selbst wenn ihr beide das Sorgerecht habt, zählt am Ende der tatsächliche Aufenthaltsort des Kindes. Also da, wo das Kind die meiste Zeit wohnt.
- Falls ihr euch einig seid, könnt ihr die Monate auch untereinander aufteilen. Dafür braucht ihr aber das Formular V820 – und beide müssen unterschreiben. Wichtig: Diese Erklärung wirkt maximal zwei Monate rückwirkend.
Was passiert mit den Rentenansprüchen beim Versorgungsausgleich?
Im Scheidungsverfahren wird nicht nur das Vermögen aufgeteilt, sondern auch die Rentenansprüche – dazu gehört auch die Erziehungszeit. Laut § 1587 BGB wird alles, was du in der Ehezeit an Rentenanwartschaften gesammelt hast, hälftig geteilt. Das betrifft auch die Rentenpunkte durch Kindererziehung.
Was bedeutet das konkret? Auch wenn du als Mutter oder Vater offiziell die Erziehungszeit angerechnet bekommst, bekommt dein:e Ex durch den Versorgungsausgleich trotzdem 50 % davon. Eine vorherige Aufteilung der Monate bringt also keinen Vorteil bei der Rente – das wird beim Scheidungstermin sowieso verrechnet.
Kindererziehungszeiten nach der Scheidung beantragen: So läuft der Antrag ab
Wenn du möchtest, dass dir die Erziehungszeiten korrekt angerechnet werden, musst du Erziehungszeiten nach der Scheidung aktiv beantragen – und zwar mit dem V0800-Formular.
Diese Unterlagen brauchst du:
- V0800 (für jedes Kind einzeln) – da gibst du an, dass ihr geschieden seid.
- V820, falls ihr euch die Monate aufteilen wollt (braucht die Unterschrift beider Elternteile).
- Geburtsurkunde des Kindes mit Adresse.
- Nachweis über das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder Sorgerechtsbeschluss.
- Meldebescheinigung, die zeigt, wo das Kind gewohnt hat.
Wenn du den Antrag nachträglich stellst, solltest du auch Belege über die Betreuung im fraglichen Zeitraum parat haben – zum Beispiel Schulbescheinigungen oder Arztunterlagen.
Beispiel: Wer bekommt wie viel?
Ein praktisches Beispiel: Dein Kind lebt nach der Trennung zu 60 % bei dir und zu 40 % beim anderen Elternteil.
- Ohne gemeinsame Erklärung (V820) bekommst du automatisch alle 36 Monate angerechnet.
- Mit V820 könnt ihr aufteilen, z. B. du 21 Monate, der Ex 15 Monate.
Finanziell sieht das so aus (nach aktuellem Stand):
- Du: 21 Monate × 39,32 € = 825,72 € pro Jahr
- Ex: 15 Monate × 39,32 € = 589,80 € pro Jahr
- Im Versorgungsausgleich wird’s eh wieder aufgeteilt – jeder bekommt die Hälfte der Summe, also 707,76 € im Jahr.
Wo es kompliziert wird: alte Scheidungen & unklare Situationen
Gerade wenn die Trennung schon ein paar Jahre oder sogar Jahrzehnte zurückliegt, wird’s oft tricky.
Bei vielen alten Fällen – vor allem vor 2005 – gibt’s keine digitalen Meldeunterlagen mehr.
Das heißt: Die DRV hat nichts im System und du musst selbst liefern. Und das kann ein bisschen Detektivarbeit erfordern.
Wenn du den Antrag trotzdem stellen willst (was sich oft richtig lohnt!), musst du andere Beweise nachreichen. Zum Beispiel:
- Schulzeugnisse mit Namen und Adresse des Kindes
- Meldebescheinigungen aus der Zeit, in der du das Kind betreut hast
- Ärztliche Bescheinigungen oder Kita-Unterlagen
- Eidesstattliche Erklärungen von Verwandten oder Bekannten, die bezeugen können, dass das Kind bei dir gelebt hat
Bei Auslandszeiten brauchst du außerdem Übersetzungen und apostillierte Dokumente, damit die DRV sie überhaupt akzeptiert. Je lückenhafter die Unterlagen, desto länger dauert’s – 8 bis 12 Wochen Bearbeitungszeit sind dann keine Seltenheit.
So gehst du am besten vor
Damit du dir Stress und mögliche Fehler ersparst, hier ein paar Tipps:
- Nicht lange warten – am besten alles vor dem 10. Geburtstag des Kindes regeln, dann ist die Datenlage bei Ämtern meist noch komplett.
- Formulare digital einreichen – über das Onlineportal der DRV geht’s schneller als per Post und spart im Schnitt locker 30 % Bearbeitungszeit.
- Alle Unterlagen aufheben – Kita-Anmeldungen, Arztbesuche, Meldedaten, Urkunden. Einfach alles sammeln, was zeigt, dass du dich um dein Kind gekümmert hast.
Und wenn du mal nicht weiterweißt: Hol dir Hilfe. Es gibt kostenlose Rentenberatungsstellen – die wissen genau, worauf’s ankommt. Bei komplizierten Scheidungen kann auch ein Fachanwalt für Familienrecht helfen, vor allem wenn es bei der Betreuung unterschiedliche Sichtweisen gibt.
Was das alles für deine Rente bedeutet
Mal angenommen, du hast zwei Kinder:
- Eins geboren 1990 → 30 Monate × 39,32 € → ca. 98,30 € Rente pro Monat
- Eins geboren 1995 → 36 Monate × 39,32 € → ca. 117,96 € Rente pro Monat
Macht zusammen 216,26 € monatlich mehr Rente für dich – aber: Im Versorgungsausgleich gehen davon wieder 50 % an den Ex. Bleiben also 108,13 € im Monat für dich übrig.
Hochgerechnet aufs Jahr: 2.595,12 € zusätzlich – das ist kein Kleingeld.
Fazit: So sicherst du dir deine Rentenpunkte
Nur weil die Ehe vorbei ist, heißt das nicht, dass deine Erziehungszeit in der Rentenversicherung untergeht.
Im Gegenteil: Gerade nach einer Trennung ist es besonders wichtig, die Kindererziehungszeiten korrekt und rechtzeitig zu beantragen – damit dir später keine Ansprüche durch die Lappen gehen. Der Versorgungsausgleich teilt zwar alles hälftig, aber bei der tatsächlichen Anrechnung kommt es auf Details an – und die solltest du kennen.
Das Wichtigste nochmal auf den Punkt:
- Kindererziehungszeiten zählen auch nach der Scheidung – egal, ob du alleinerziehend warst oder mit gemeinsamem Sorgerecht.
- Automatisch wird nichts angerechnet, du musst den Antrag (V0800) selbst stellen.
- Wenn ihr euch die Zeit teilen wollt, braucht es das Zusatzformular V820 – mit Unterschrift beider Eltern.
- Je früher du den Antrag stellst, desto besser. Rückwirkend gibt’s keine Nachzahlungen.
- Unterlagen sichern: Meldebescheinigungen, Sorgerechtsnachweise, Schulzeugnisse – alles, was belegt, dass dein Kind bei dir gelebt hat.
- Bei alten Scheidungen oder Streitfällen kann auch mal eine eidesstattliche Erklärung nötig sein – also: besser früh alles sauber dokumentieren.
Kurz: Wenn du die Kinder großgezogen hast, sollte sich das später auch in deiner Rente widerspiegeln.
Aber das klappt nur, wenn du dich früh genug darum kümmerst – sonst verschenkst du bares Geld.