Die Elterngeldreform ab April 2025 bringt für viele Familien echte Einschnitte mit sich.
Besonders die abgesenkten Einkommensgrenzen sorgen für Diskussionen – vor allem bei Doppelverdienern, Selbstständigen oder Paaren mit höherem Bildungs- und Einkommensniveau. Was sich konkret ändert, wer rausfällt und wie du trotzdem noch das Beste aus der Situation machst: genau das klären wir jetzt.
Neue Obergrenze für Elterngeld ab April 2025: Wer zu viel verdient, bekommt gar nichts mehr
Bis März 2024 lag die Einkommensgrenze für den Elterngeldbezug bei 300.000 € zu versteuerndem Einkommen für Paare. Für Alleinerziehende waren es 250.000 €. Dann kam die erste Kürzungsrunde – auf 200.000 € für alle.
Und ab April 2025 wird es nochmal enger: Die Grenze liegt dann bei einheitlich 175.000 € – egal ob Paar oder alleinerziehend.
Was heißt das konkret? Wer im Jahr vor der Geburt mehr als 175.000 € zu versteuerndes Einkommen hatte, bekommt gar kein Elterngeld mehr.
Das betrifft auch viele Familien, die auf dem Papier gut verdienen, aber hohe Ausgaben haben – zum Beispiel durch hohe Mieten, Kita-Kosten oder Schulden.
Warum existiert die Obergrenze beim Elterngeld?
Die Obergrenze beim Elterngeld gibt’s nicht, weil man jungen Eltern was Böses will – sondern weil der Staat sparen muss.
Ganz nüchtern gesagt: Wer richtig gut verdient, soll nicht auch noch vom Steuerzahler finanziert werden. Das ist die Idee dahinter. Die Grenze ist also ein politischer Spagat zwischen „Wir wollen Familien helfen“ und „Wir müssen den Haushalt zusammenhalten“. Klar, für viele fühlt sich das ungerecht an – vor allem, wenn man in teuren Städten lebt und trotz 180.000 € zu versteuerndem Einkommen nicht automatisch im Geld schwimmt.
Aber am Ende geht’s der Politik um eine Art Zielgruppe: Unterstützung für die, bei denen’s knapp wird.
Wie es zur neuen Obergrenze kam
Seit 2021 hat sich die Obergrenze fürs Elterngeld mehrfach verändert. Früher lagen die Grenzen bei 300.000 € für Paare und 250.000 € für Alleinerziehende – da waren also selbst viele Topverdiener noch im Spiel. Seit April 2024 gelten nur noch 200.000 €, ab April 2025 dann eben die 175.000 € – und zwar ohne Unterschied zwischen Familienmodellen.
Das alles basiert auf dem sogenannten Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024. Hintergrund: Die Schuldenbremse muss eingehalten werden, das Bundesverfassungsgericht hat’s deutlich gemacht – also muss irgendwo gespart werden. Und getroffen hat’s eben das Elterngeld. Entscheidend ist dabei das zu versteuernde Einkommen aus dem Vorjahr der Geburt. Heißt: Wer 2024 über 175.000 € versteuert, bekommt bei einer Geburt 2025 gar kein Elterngeld mehr.
Was zählt zum „zu versteuernden Einkommen“?
Nicht verwechseln: Die Grenze bezieht sich nicht auf dein Brutto- oder Nettoeinkommen. Entscheidend ist das, was unterm Strich beim Finanzamt rauskommt – also nach Werbungskosten, Sonderausgaben und Co. Besonders relevant für Selbstständige: Ihr Einkommen nach § 2 Abs. 1 EStG zählt, also der Gewinn nach allen Betriebsausgaben.
Nicht angerechnet werden Kapitalerträge oder Mieteinnahmen – es geht nur ums „aktive“ Einkommen.
Beispiel: Ein Paar – sie freiberuflich, er angestellt – kommt gemeinsam auf 180.000 € zu versteuerndes Einkommen. Nur 5.000 € über der Grenze – aber trotzdem: kein Elterngeld.
Was bedeutet die Anpassung der Obergrenze beim Elterngeld für Alleinerziehende?
Alleinerziehende haben keine Möglichkeit, das Einkommen auf zwei Personen zu verteilen. Bei Paaren kann einer Teilzeit arbeiten, der andere voll – das Einkommen summiert sich. Bei Alleinerziehenden gibt’s nur einen Steuerbescheid. Nur eine Person verdient, nur eine Person trägt alles. Deshalb sind sie viel eher in Gefahr, über die Grenze zu rutschen.
Und es kommt noch was dazu: Alleinerziehende tragen die ganze Verantwortung – beruflich, organisatorisch, emotional. Wenn dann das Elterngeld wegfällt, fehlt schlicht ein finanzieller Puffer. Selbst bei relativ hohen Einkommen bleiben unterm Strich oft keine Rücklagen. Vor allem dann, wenn Kinderbetreuung teuer ist, Wohnkosten hoch sind oder zusätzliche Ausgaben dazukommen.
Und was passiert dann im echten Leben? Druck, Stress, Rückzug
Ohne Elterngeld entsteht für viele Alleinerziehende eine echte Lücke im Budget – im Schnitt zwischen 1.200 und 1.500 € pro Monat. Das führt in der Realität zu ganz konkreten Folgen:
- Viele kehren früher in den Job zurück – laut Umfragen etwa 73 % innerhalb der ersten sechs Monate.
- Stillzeiten verkürzen sich, Betreuungsmodelle werden umgeworfen.
- Einige verzichten auf Kita-Angebote mit langen Öffnungszeiten, weil sie schlicht nicht mehr bezahlt werden können.
Und dann ist da noch die psychische Seite: Der Druck, alles alleine stemmen zu müssen, steigt. Studien zeigen: Mehr Stress, mehr Schlafstörungen, mehr psychologische Belastung. Es ist nicht nur ein Rechenspiel auf dem Papier – es geht um Lebensqualität, um Gesundheit und um die Entwicklung der Kinder.
Selbstständige haben es nochmal schwerer
Für Selbstständige ist die Sache doppelt knifflig. Ihre Einkünfte schwanken oft stark, was es schwierig macht, im Bemessungszeitraum unter der Grenze zu bleiben.
Außerdem gibt’s viele rechtliche Graubereiche bei Abschreibungen, Investitionen oder Rückstellungen – was die Steuerplanung in Elterngeldphasen extrem kompliziert macht.
Und: Wer während des Elterngeldbezugs weiterhin Einkünfte hat, muss die auch sauber dokumentieren. Die DRV verlangt oft konkrete Nachweise, wie viel wirklich gearbeitet wurde – und dass die 30-Stunden-Grenze eingehalten wurde (mehr dazu unten beim ElterngeldPlus).
Nur noch ein Monat gleichzeitig: Der neue Haken beim Basiselterngeld
Ab April 2025 darf man als Paar nur noch einen Monat gleichzeitig Elterngeld beziehen – außer bei Frühchen, behinderten Kindern oder Mehrlingen. Das war früher anders und trifft besonders gleichberechtigte Eltern hart, die sich die Betreuung aufteilen wollten.
Ein Modell, wie man’s trotzdem regeln kann:
- Partner A macht im 2.–4. Monat Elternzeit bei 30 Wochenstunden
- Partner B steigt im 5.–7. Monat ein
- Gemeinsame Teilzeit im 8.–12. Monat mit ElterngeldPlus
Heißt: Die Zeiten müssen gut abgestimmt werden – sonst gibt’s Probleme mit der Auszahlung.
ElterngeldPlus: Rettungsanker mit Einschränkungen
Die ElterngeldPlus-Variante bleibt auch nach der Reform bestehen – mit ein paar Vorteilen:
- Doppelte Bezugsdauer, aber nur halb so viel Geld pro Monat
- Partnerschaftsbonus, wenn beide in Teilzeit (zwischen 24–32 Std.) arbeiten
- Für Selbstständige: Einkünfte werden erst ab 30 Stunden pro Woche angerechnet – das schafft etwas Spielraum
Wer gut plant, kann also immerhin noch eine gewisse Flexibilität behalten. Trotzdem: Für viele Paare wird’s komplizierter – gerade, wenn beide arbeiten (müssen).
So hart trifft es Doppelverdiener und Berufseinsteiger
Laut Prognosen werden 2025 rund 20.000 Familien aus dem Elterngeldbezug rausfallen – 2026 sogar 30.000. Besonders betroffen sind junge Paare mit Uniabschluss, die in Großstädten arbeiten. Zwei normale Gehälter mit jeweils 60.000 € Brutto klingen erstmal nicht nach Luxus – führen aber schnell zu über 175.000 € zu versteuerndem Einkommen.
Das Problem: Viele dieser Paare haben gleichzeitig hohe Fixkosten (Wohnung, Betreuung, Schulden) und noch keine Rücklagen. Das Elterngeld war bisher ein Puffer – der jetzt wegfällt.
Was du tun kannst: Steuerplanung & Alternativen zum Elterngeld
Wenn du (oder ihr) knapp über die 175.000 € kommst oder weißt, dass’s 2025 eng wird: Du bist nicht komplett machtlos. Es gibt Möglichkeiten, wie du dein Einkommen gezielt runterdrückst – vor allem wenn du selbstständig bist. Und wenn Elterngeld gar kein Thema mehr ist, kannst du trotzdem vorsorgen. Wichtig ist: frühzeitig planen.
Einkommen aktiv steuern – besonders als Selbstständige:r
Das Ziel: Du bleibst unter der Grenze. Und zwar so:
- Investitionen vorziehen: Rechner, Kamera, neue Website – alles, was du brauchst, lieber vor dem Elterngeldjahr anschaffen.
- Gewinn bewusst reduzieren: Wenn du z. B. hohe Einnahmen hast, kannst du mit gezielten Ausgaben gegensteuern.
- Sonderabschreibungen nutzen: Je nach Rechtsform geht da einiges – Steuerberater hilft.
- Projekte verschieben: Wenn’s geht, schieb gut bezahlte Aufträge ins Folgejahr.
- Arbeitszeit anpassen: Unter 30 Stunden pro Woche wird beim ElterngeldPlus vieles nicht angerechnet – das gibt dir Spielraum.
Wenn kein Elterngeld mehr drin ist – Alternativen denken
Du kannst auch vorsorgen, ohne vom Staat abhängig zu sein. Dafür brauchst du Liquidität – also Geld, das du zur Seite legen kannst.
- Rücklagen bilden: Am besten schon vor der Geburt. Rechne dir aus, wie viel du brauchst, um 6 bis 12 Monate über die Runden zu kommen.
- Krankenversicherung checken: Hast du ein Krankentagegeld? Wenn nicht – unbedingt nachholen. Gilt vor allem für Privatversicherte.
- Förderprogramme nutzen: Gründungszuschuss oder Elterngeld-ähnliche Hilfen (je nach Bundesland) können auch helfen, die erste Zeit zu überbrücken.
Und ganz wichtig: Auch wenn du rausfällst – das ist kein Weltuntergang. Aber du solltest vorbereitet sein. Nicht, dass du im achten Monat feststellst: "Ups, wir bekommen ja gar nichts."
Fazit: Kein Elterngeld heißt nicht gleich keine Optionen
Die neuen Regeln sind hart, keine Frage. Wer über 175.000 € liegt, fliegt raus – selbst wenn der Netto-Lebensstandard nicht besonders hoch ist. Vor allem für Selbstständige und Doppelverdienerpaare wird das System unübersichtlich. Die Reform soll sparen – aber sie trifft oft genau die, die eigentlich mitten im Berufs- und Familienleben stehen.
Was du brauchst? Einen kühlen Kopf, eine gute Steuerberatung – und am besten einen Plan B. Mit rechtzeitiger Planung, cleverer Verteilung der Elternzeit und etwas ElterngeldPlus ist trotzdem noch einiges möglich.