Viele wissen gar nicht, was hinter dem Antrag V0800 steckt – und verschenken bares Geld.
Dabei geht es um nichts weniger als um Kindererziehungszeiten, die dir bei der Rente angerechnet werden können. Das Ganze wird oft als „Mütterrente“ bezeichnet, betrifft aber längst nicht nur Mütter. Wer Kinder großgezogen hat, kann sich mit dem V0800-Antrag bis zu drei Jahre zusätzliche Rentenpunkte sichern – und damit seine Altersvorsorge deutlich verbessern.
V0800 Antrag: Wer hat Anspruch auf Kindererziehungszeiten?
Die gute Nachricht: Der Anspruch auf Kindererziehungszeiten ist viel breiter gefasst, als die meisten denken.
Klar, im Alltag spricht man oft von „Mütterrente“ – aber in Wahrheit geht’s hier um alle, die sich in den ersten Jahren um ein Kind gekümmert haben. Und das heißt: Nicht nur leibliche Mütter profitieren, sondern auch Väter, Adoptiv-, Pflege- oder Stiefeltern. Sogar Großeltern oder andere Verwandte, bei denen das Kind dauerhaft lebt, können Anspruch haben – wenn sie nachweislich die Erziehung übernommen haben.
Wichtig: Kindererziehungszeiten werden immer nur einer Person pro Kind angerechnet – also entweder dir oder deinem Partner. Ohne offizielle Erklärung landet der Rentenvorteil automatisch bei der Mutter. Wer’s anders regeln will, muss das klar angeben.
Und wie sieht’s mit Job und Kindererziehung aus? Auch das geht – solange dein Einkommen nicht über der Beitragsbemessungsgrenze liegt (2024: 7.450 € brutto im Osten, 7.550 € im Westen). Bedeutet: Wer Teilzeit arbeitet oder unter dieser Grenze bleibt, bekommt die Kindererziehungszeit trotzdem angerechnet. Das ist besonders relevant für berufstätige Eltern, die früher dachten, sie hätten dadurch keinen Anspruch.
Aber es gibt auch Ausnahmen. Nicht jeder bekommt Kindererziehungszeiten. Zum Beispiel:
- Wenn du nie in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hast
- Wenn du während der Kindererziehung schon eine Rente oder Pension kassiert hast
- Wenn du in einem anderen Versorgungssystem (z. B. Beamtenpension) abgesichert wurdest
- Oder wenn du als Angestellter mehr verdient hast als die Beitragsbemessungsgrenze zulässt
Ein Sonderfall: Selbstständige Topverdiener – etwa Ärzte oder Anwälte – können die Kindererziehungszeiten trotzdem voll mitnehmen, selbst wenn sie mehr verdienen. Ziemlich ungerecht für alle anderen? Vielleicht. Aber so ist die Regel aktuell.
Sonderfälle und ergänzende Dokumente
Stiefkinder: Hier reicht’s nicht, wenn ihr alle nur unter einem Dach gewohnt habt. Du musst zeigen, dass du eine echte elternähnliche Rolle hattest. Meldebescheinigung ist der Anfang, aber Schulbestätigungen, ärztliche Atteste oder Erklärungen vom Jugendamt machen es rund. Wichtig: Zeiten vor der Ehe mit dem leiblichen Elternteil zählen nur dann, wenn das Kind als Pflegekind galt.
Pflegekinder: Ohne Bescheinigung vom Jugendamt geht nix. Diese muss bestätigen, dass das Kind mindestens sechs Monate bei dir gelebt hat – und zwar nicht als „Gastsituation“, sondern als echtes Familienmitglied mit Bindung. Alternativ gehen auch Meldebescheinigungen über den gesamten Zeitraum.
Adoptivkinder: Hier brauchst du zusätzlich zum V0805 Formular die Adoptionsurkunde, bei internationalen Fällen eventuell auch die gerichtliche Anerkennung in Deutschland. Zusätzlich wird ein Sorgerechtsnachweis verlangt.
Kindererziehungszeiten für nicht leibliche Kinder: Das musst du wissen
Auch wenn du kein leiblicher Elternteil bist, kannst du dir Kindererziehungszeiten anrechnen lassen – vorausgesetzt, du hast das Kind tatsächlich großgezogen.
Die Rentenversicherung prüft das aber ganz genau, also brauchst du ein bisschen mehr Nachweise und Formulare als bei leiblichen Kindern.
Das brauchst du im Kern:
- V0800: Der Standard-Antrag – für jedes Kind einzeln ausfüllen
- V0805: Muss zusätzlich ausgefüllt werden, wenn du nicht die leibliche oder adoptive Mutter bist
- Meldebescheinigung: Zeigt, dass ihr im selben Haushalt gewohnt habt
- Zusätzliche Nachweise (je nach Fall):
- Bei Pflegekindern: Jugendamtsbescheinigung über die Pflegschaft
- Bei Stiefkindern: Erklärungen z. B. vom Kinderarzt, der Schule oder Nachbarn
- Bei Adoption: Adoptionsurkunde oder Gerichtsbeschluss
Wichtig:
- Es reicht nicht, dass das Kind einfach da war – du musst aktiv die Erziehungsverantwortung gehabt haben
- Bei Stiefkindern zählt die Zeit vor der Hochzeit mit dem leiblichen Elternteil nur, wenn das Kind offiziell als Pflegekind anerkannt war
- Die Rentenversicherung schaut genau hin, vor allem wenn sich zwei Personen dieselbe Erziehungszeit sichern wollen
Klingt erstmal nach Papierkram – aber lohnt sich, denn pro Kind können bis zu drei Jahre Kindererziehungszeit anerkannt werden. Das bringt dir auf Dauer über 100 Euro mehr Rente pro Monat – und zwar für etwas, das du sowieso schon geleistet hast.
Umfang und Höhe: Wie hoch ist der Rentenanspruch aus Kindererziehungszeiten?
Viele wissen gar nicht, dass sie durch die Erziehung ihrer Kinder echte Rentenansprüche aufbauen – und zwar nicht zu knapp. Die genaue Höhe hängt davon ab, wann dein Kind geboren wurde:
- Für Kinder ab 1992 bekommst du 36 Monate Kindererziehungszeit angerechnet.
- Für Kinder vor 1992 sind es 30 Monate – also ein halbes Jahr weniger.
Klingt erstmal abstrakt, aber das lässt sich leicht runterbrechen: Ein Jahr Kindererziehungszeit bringt fast einen Rentenpunkt. Und ein Rentenpunkt ist im Moment (Stand 2025) 40,79 € pro Monat wert.
Rechenbeispiel gefällig?
- Hast du ein Kind nach 1992 bekommen, bringt dir das rund 122,37 € extra Rente im Monat (3 Rentenpunkte × 40,79 €).
- Bei zwei Kindern – z. B. eins vor und eins nach 1992 – kommt man schnell auf über 216 € monatlich zusätzlich.
Und das Beste: Diese Zeiten zählen genauso wie reguläre Beitragsjahre – obwohl du in der Zeit vielleicht gar nicht oder nur wenig gearbeitet hast. Das kann später richtig was ausmachen. Also: Wenn du Kinder großgezogen hast, unbedingt checken, ob du diese Zeiten auch angerechnet bekommst. Rententechnisch ist das bares Geld.
V0800-Antrag: Wann, wie und warum du ihn stellen solltest
Erstmal wichtig zu wissen: Die Kindererziehungszeiten werden dir nicht automatisch gutgeschrieben.
Dafür musst du aktiv werden – und zwar mit dem V0800-Antrag. Ohne Antrag, keine Mütterrente. Punkt.
Wann solltest du den Antrag stellen?
Grundsätzlich gibt’s keine feste Frist. Du kannst den Antrag direkt nach der Geburt stellen – oder auch Jahre später. Sogar noch im Rentenalter.
ABER: Wenn du ihn zu spät stellst, gibt’s das Geld nicht rückwirkend. Deshalb empfiehlt die Rentenversicherung, den Antrag spätestens bis zum 10. Geburtstag deines Kindes einzureichen. Klingt lang – vergeht aber schneller, als man denkt.
Welche Unterlagen brauchst du dafür?
Damit der Antrag auch wirklich durchgeht, solltest du diese Sachen parat haben:
- Das ausgefüllte V0800-Formular (gibt’s online oder als Ausdruck)
- Eine Kopie der Geburtsurkunde deines Kindes
- Deine Sozialversicherungsnummer
- Und falls du Vater bist: eine gemeinsame Erklärung mit der Mutter, dass du die Zeiten anrechnen lassen willst
Denn: Ohne diese Erklärung werden die Erziehungszeiten automatisch der Mutter zugerechnet. Wenn du das ändern willst, müsst ihr euch einig sein – und die Erklärung gilt immer nur für die Zukunft oder maximal zwei Monate rückwirkend.
Kann man den V0800 Antrag rückwirkend stellen?
Kurz gesagt: Ja, du kannst den V0800-Antrag zur Anrechnung von Kindererziehungszeiten rückwirkend stellen – sogar Jahrzehnte später. Das erlaubt § 149 SGB VI, denn gesetzlich gibt’s für diesen Antrag keine Frist. Egal ob dein Kind 1995 oder 1975 geboren wurde – du kannst die Anrechnung auch jetzt noch beantragen. Aber (und das ist wichtig): Die Rentenerhöhung gilt immer erst ab dem Monat nach Antragseingang. Rückzahlungen für all die Jahre vorher? Gibt’s nicht.
Das heißt: Wenn du zum Beispiel 2025 den Antrag stellst, bekommst du auch erst ab dem Folgemonat mehr Rente – nicht rückwirkend für die letzten 20 Jahre, selbst wenn du schon seit 2005 Rente beziehst und dich 20 Jahre lang um dein Kind gekümmert hast. Klingt bitter, ist aber genau so im Gesetz geregelt.
Je früher du den Antrag stellst, desto mehr bringt’s dir finanziell. Denn: Ein Jahr Kindererziehungszeit bringt dir knapp 0,99 Rentenpunkte. Bei einem Rentenwert von 40,79 € (Stand Juli 2025) sind das rund 40,38 € pro Monat mehr Rente – pro Jahr Erziehungszeit. Das macht bei drei Jahren bis zu 121 € monatlich extra. Wenn du den Antrag 20 Jahre zu spät stellst, kriegst du das Geld nur für die Zukunft. Die letzten 240 Monate sind futsch.
Wenn du schon in Rente bist, wird deine Rente neu berechnet. Die Rentenversicherung braucht dafür meist ein paar Wochen. Die höhere Rente bekommst du dann automatisch ab dem Folgemonat der Antragstellung. Aber nochmal: keine Nachzahlung, egal wie lang du gewartet hast.
Fazit: Ein Antrag, der im Alter richtig was ausmachen kann
Der V0800-Antrag klingt erstmal wie irgendein Formular aus dem Behördenalltag – ist aber in Wahrheit ein ziemlich unterschätztes Instrument, das deine Rente spürbar aufbessern kann. Wer Kinder großgezogen hat, hat damit auch Rentenansprüche erworben – und genau darum geht’s hier: Diese Zeit sichtbar und finanziell wirksam zu machen. Pro Kind können da schnell mal über 100 Euro im Monat zusätzlich zur Rente drin sein. Und das jeden Monat, ein Leben lang.
Gerade für Menschen, die wegen Erziehungszeiten Teilzeit gearbeitet oder längere Pausen im Job hatten, kann das den entscheidenden Unterschied machen. Wichtig ist nur: Du musst selbst aktiv werden. Der Antrag wird nicht automatisch gestellt – und rückwirkend gibt’s das Geld auch nicht endlos. Wer also wartet, verschenkt im Zweifel bares Geld.
Kurz gesagt: Der V0800-Antrag ist kein nerviger Papierkram, sondern ein cleverer Schritt, um sich ein gutes Stück Altersabsicherung zu sichern – gerade für all jene, die sowieso oft zu kurz kommen.